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Die Orgel von Gottfried Silbermann, die heute in der Westkrypta des Bremer Domes steht, wurde vermutlich im Winter 1732/33 gebaut. 1734 hat sie bereits in der alten Dorfkirche in Etzdorf/Sachsen gestanden, wie ein Kalkant dort am Gehäuse vermerkt hat. Zu Beginn des Baus einerwesentlich größeren Kirche in Etzdorfwurde das Positiv zum Verkauf angeboten. Die Gemeinde Wallroda bei Radeberg erwarb das kleine Werk und ließ es unverändert aufstellen. Mit nach Wallroda kam jedoch ein Pedal mit zwei Registern, das der Dresdner Orgelbauer Carl Rudolph August Venzky 1796 dem Positiv hinzugefügt hatte. 101902 lieferte Eduard Berger aus Dresden eine neue Orgel für die Kirche in Wallroda und nahm das Silbermann-Positiv in Zahlung.
Das Pedal von Venzky hatte Berger für die neue Orgel wieder verwendet, aber auch drei Register von 1733, Rohrflöte 8´, Rohrflöte 4´ und Octava 2´, baute Berger in seine neue Orgel ein. Die Silbermann-Orgel hatte nun statt acht nur noch fünf klingende Stimmen. In diesem Zustand kam sie 1919 in Dresdner Privatbesitz und wurde dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend ergänzt. Ausgeführt wurden diese Arbeiten von Julius Jahn aus Dresden.1939 schließlich stand das Instrument erneut zum Verkauf, und der aus Dresden stammende Domkantor Richard Liesche erwarb es für die Bremische Ev. Kirche zur Musikpflege am Bremer Dom. Die Firma Wilhelm Sauer unternahm vor der Aufstellung der Orgel in Bremen anlässlich des Bachfestes eine erste Rekonstruktion der Orgel.
Dabei wurde, wie es zu jener Zeit üblich war, das alte Pfeifenmaterial repariert und die Disposition durch Hinzufügen von Pfeifen Sauerscher Bauart rekonstruiert. Eine gründliche Instandsetzung, die jedoch die Substanz des Werkes nicht in der Weise achtete, wie man es heute erwarten würde, ließ die Gemeinde 1953 und 1962 vornehmen.1993 begann in der Werkstatt Kristian Wegscheider, Dresden, eine Restaurierung und Rekonstruktion des Positivs. Soweit es möglich war, wurden alle Veränderungen beseitigt und in Silbermannscher Bauweise ergänzt. Um dem Instrument wieder zu Recht den Namen Silbermann-Orgel geben zu können, war es notwendig, die in Wallroda stehenden Register mit dem übrigen Pfeifenbestand in Bremen zu vereinen.
Manual (C,D-c3)
Principal 4´
Zinn, 37 Pfeifen im Prospekt, davon eine stumm; 43 von 49 Pfeifen alt
Rohrflöte 8´
C-c° Holz neu, 36 Metallpfeifen alt
Rohrflöte 4´
Metall, 48 Pfeifen alt
Octava 2´
Zinn, 48 Pfeifen alt
Sifflöte 1´
Zinn, 24 von 48 Pfeifen, alt
Quinta 1½´
Zinn, 28 von 48 Pfeifen alt
Nasat 3´
Diskant, c1 bis f1 Metall (Rohrflöte), ab fs1 Zinn (zylindrisch offen),
22 von 25 Pfeifen alt
Sesquialtera (=Terz 1 3/5′)
Diskant, Zinn, 4 von 25 Pfeifen alt
Tremulant
Die Verhandlungen mit der Kirchengemeinde in Wallroda und der Sächsischen Landeskirche hatten Erfolg und so erwarb die Bremer Domgemeinde jene drei fehlenden Register, so dass fast 75% des heute von Silbermann stammenden Pfeifenmaterials in der kleinen Orgel wiedervereint sind. Das Pfeifenwerk konnte nun aufwendig restauriert und in Stimmtonhöhe (Chorton, a1 = 467 Hz), Winddruck (63 mm WS) und Intonation auf seine alten Verhältnisse zurückgebracht werden, die den Silbermannschen Klang erst ermöglichen. Gestimmt wurde eine stark gemilderte mitteltönige Temperierung, die sich an den Stimmungen Silbermanns orientiert, aber den Spielraum der Tonarten wesentlich weiter werden lässt. Im Juli 1994 wurde das Instrument in der Westkrypta wieder aufgestellt und fertig intoniert.